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Am Leben vorbei

- oder doch nicht? -

Am Leben vorbei?

An einem wunderschönen Frühlingstag lag auf einer saftiggrünen Wiese ein Hasenmann und träumte in die Sonne. Er bemerkte die Häsin nicht, die durch die Grashalme hoppelte und in einem kleinen Abstand vor ihm sitzen blieb. Sie betrachtete ihn ausdauernd. Nach ein paar Minuten durchbrach ihre Stimme des Hasenmannes Gedankentraumreise:"Sag mal, was machst du da?" fragte sie ihn.

Der Hasenmann schrak aus seinen Tagträumen auf und antwortete:"Ich träume..." "Wie, du träumst?", erwiderte sie fragend. "Nun ja, ich träume vor mich hin..." sagte der Hasenmann. "Das versteh ich nicht - wie kannst du so vor dich hin träumen? Der Tag selbst ist ein Traum! Du träumst dich weg und verpasst dabei diesen Traumtag?" "Na und? Ist es denn nicht meine Sache, wenn ich mich lieber irgendwohin träume?" Der Hasenmann war verärgert. Was mischt sich die Häsin in meine Träume ein? "Lass mich in Ruhe und verschwinde - ich möchte weiterträumen!" Ja, er war ziemlich ärgerlich.

Die Häsin rümpfte ihr Näschen und ihre langen, hübschen Ohren wackelten aufgeregt hin und her. "Mann, was bist du denn so zornig? Willst du denn dein Leben nur mit träumen zu bringen? Du verpasst doch die wichtigsten und schönsten Dinge im Leben?" "Na und -- es ist mein Leben und wenn ich mich fürs Träumen entschieden habe, dann träume ich. Und jetzt lass mich in Ruhe!" Der Hasenmann drehte der Häsin der Rücken zu und schloss seine Augen.

"Mannomann, der ist aber stur..." grummelte die Häsin und hoppelte davon. Sie war nicht sonderlich glücklich über diesen Gesprächsverlauf, denn eigentlich fand sie den Hasenmann recht ansprechend. "Naja, was soll ich machen, wenn er lieber träumt, als sich einen schönen Tag zu machen, dann kann ihm niemand helfen. Er wird schon sehen, was er davon hat!".. und fort war sie.

Tagein, tagaus verbrachte der Hasenmann auf der Wiese beim Träumen... der Frühling ging, der Sommer kam. Für die meisten Tiere hiess es inzwischen, für eine Familie zu sorgen. Dann war auch der Sommer vorbei und der Herbst rückte ins Land. Eifrig wurde für die Winterzeit Vorrat angelegt. Nur der Hasenmann bemerkte von alle dem nichts. Mit dem Herbst kamen auch die Bauern, die ihre Wiesen für den Winter bestellen wollten. Der Hasenmann sah und hörte nichts davon. Er wollte nichts hören - er wollte weiter träumen und das tat er auch. Seine Augen waren geschlossen und er träumte und träumte....

Er hörte nicht das laute Motorengeräusch, das immer näher kam. Als es über ihm war, war es zu spät.. er hauchte sein Leben aus, das er nie wirklich gelebt hat - aber er hatte sich dafür entschieden.

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Eine traurige Geschichte?